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Tag 5:
Am fünften Tag brachen wir nach Porto Ayacucho, der Hauptstadt des Staates Amazonas in der Nähe der kolumbianischen Grenze auf. Wir flogen mit einer kleinen Maschine dorthin, in das nur 20 Personen paßten, und das deswegen auch nicht alles Gepäck mit an Bord nehmen konnte. Eine unserer Taschen wurde uns erst mit dem nächsten Flugzeug am darauffolgenden Tag nachgeliefert. Sie enthielt zum Glück nur die Geschenke und Kleider, die wir für die Dörfer gesammelt hatten, die wir in den kommenden Tagen besuchen wollten, so daß wir an diesem Tag nichts Existentielles vermissen mußten.

Abends besuchten wir den Schamanen Bolivar, einen Piaroa Schamanen aus Caninagua in der Nähe von Porto Ayacucho. Dieser hatte am Abend zuvor ein Heilritual duchgeführt und war dementsprechend sehr müde. Dennoch beantwortete er geduldig einige unserer Fragen, nachdem sich sein Sohn bereit erklärt hatte, zu übersetzen. Der frühere Schamanenanwärter in diesem Dorf, der uns eigentlich als Übersetzer fungieren sollte, war durch ein Erlebnis während seiner Ausbildung zum Schamanen so traumatisiert worden, daß er mit dem Schamanentum nichts mehr zu tun haben wollte und auch nicht dazu zu bewegen war, für uns zu dolmetschen. Den genauen Grund seiner Furcht konnten wir aber nicht ausfindig machen, da er nicht bereit war, jemanden davon zu berichten.

Auf die Frage, wohin er denn mit Hilfe von Yopo reisen könne, lächelte Bolivar. Zunächst blieb er für einige Zeit still, doch dann erzählte er auf unser weiteres Drängen, daß er die Vereinigten Staaten, Mexiko und einige weitere Staaten der Erde überflogen habe, und nach einer weiteren Pause berichtete er, daß er auch die Erde und den Mond als Kugeln von oben sehen könne und daß er auf andere Planeten gereist sei und den dort lebenden Bewohner begenet sei und mit ihnen gesprochen habe.

Er berichtete zudem, daß er sich durch die Hilfe von Yopo in einen Jaguar oder einen Vogel verwandeln könne, und dann die Welt durch diese Augen wahrnehmen könne. So kann er wichtige Informationen einholen, die er für die Beantwortung einer an ihn gestellten Frage benötigt. Schamanen können so z.B. verlorene Gegenstände wiederfinden.

Die Bedeutung des Fliegens wird auch in den Utensilien zur Yopobenutzung deutlich. Der Inhalator, um das Yopo in die Nase zu ziehen, wird immer aus den Knochen bestimmter Vogelarten hergestellt. Der Inhalator ist Y-förmig, wobei die beiden oberen Enden in die Nase gesteckt werden und mit dem unteren schräg abgeschnittenen Ende das Yopopulver eingeatmet wird. In der Mitte des Y-förmigen Inhalators befindet sich eine Verdickung, genauso wie an den oberen beiden Enden. Nach Gebrauch wird der Inhaltor immer sorgfältig mit einer Vogelfeder, die durch die hohlen Knochen gezogen wird, gereinigt.

Die Einnahme des Yopos während einer Zeremonie vollzieht sich folgendermaßen: die zu einer kleinen grünlichen-graunen Substanz zusammengeklumpten Samen werden aus einem Beutelchen genommen und auf einer kleinen runden Schale mit einem Möser zu einem feinen Pulver zermahlen. Dieses Pulver wird mithilfe des oben beschriebenen Inhalator mehrere Male im Verlauf einer Zeremonie bisweilen auch die ganze Nacht hindurch eingenommen. Die Utensilien werden in einem unscheinbaren kleinen Kästchen, dem Schamanenkästchen aufbewahrt.

Während der Ausbildung zum Schamanen wird von dem Schamanenanwärter eine strenge Diät gefordert, die im Falle von Bolivar, nicht nur den Verzicht auf Fisch und Fleisch beinhaltete, sondern auch den Verzicht auf verschiedene Früchte. Die strenge Form der Diät muß während den ersten Jahren der Ausbildung eingehalten werden. Danach sind die Essenvorschriften während dem normalen Alltagsleben unbedeutend, allerdings muß vor bestimmten Ritualen wieder bis zu einer Woche eine strenge Diät gehalten werden.



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