Ayahuasca-Projekt
Im Rahmen des
interdisziplinären
Sonderforschungsbereiches SFB 619
(Teilprojekt C8)
"Ritualdynamik
und Salutogenese beim Gebrauch und Missbrauch psychoaktiver
Substanzen"
(Projektleitung:
Prof. Dr. R. Verres)
an der Universität
Heidelberg
habe ich
eine Dissertation über
Subjektive
Theorien zu Selbst-Behandlungsversuchen mit der psychoaktiven
Substanz Ayahuasca
erstellt.
(ISBN 978-3-8381-0739-4)
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Das Ziel dieser
explorativen Studie bestand vorwiegend darin, Praktiken der
Selbstbehandlung mit der psychoaktiven Substanz Ayahuasca und deren
Bewertung durch die Anwender in Europa und subjektive Theorien der
Befragten darzustellen und zu untersuchen.
Die Hauptfragestellung
meiner Arbeit bezieht sich auf die subjektiv erlebten therapeutischen
Effekte, die dem Ayahuasca oder dem Ayahuasca-Ritual zugeschrieben
werden; dazu wird der motivationale und lebensweltliche Hintergrund
des Substanzgebrauchs und der Selbstbehandlung erfasst. Für ein
genaueres Verständnis werden die subjektiven Heilungstheorien
aufgezeigt, welche ich in Krankheits-, Gesundheits- und
Genesungstheorien unterteile. Darüber hinaus wird auch das
subjektive Drogen- und Substanzverständnis analysiert. Hierzu
gehören subkulturelle Konsumregeln und Normen und eine Analyse
der Risiken und Nebenwirkungen. Des Weiteren wird untersucht, welchen
generellen Einfluss die Ayahuasca-Erfahrungen auf die Lebensqualität
haben.
1.
Wie verändern sich bei Personen des westlichen Kulturkreises
subjektiv nach Einnahme von Ayahuasca bzw. der Teilnahme an
Ayahuasca-Ritualen verschiedene Krankheiten oder Beschwerden?
2.
Welche subjektiven Funktionen haben Ayahuasca-Rituale im Rahmen
eines solchen (Selbst-) Behandlungsversuchs?
3.
Welche Bedürfnisse erfüllen Ayahuasca-Rituale, die eine
schulmedizinische Therapie den Befragten (subjektiv) nicht bietet?
4.
Welche Krankheits-, Gesundheits- und Genesungs- bzw.
Heilungstheorien nennen die Studienteilnehmer hierzu?
5.
Welches Drogen- und Substanzverständnis haben die Teilnehmer?
6.
Wie wird mit Risiken und Nebenwirkungen umgegangen und welche
subkulturellen Konsumregeln und Normen gibt es?
Methode: Die
Erforschung des Themas „Subjektive Theorien zu
Selbst-Behandlungsversuchen mit der psychoaktiven Substanz Ayahuasca
“ erfolgte hauptsächlich mithilfe qualitativer Verfahren,
denn es sollten auch Aspekte erfasst werden, über die es noch
kein wissenschaftliches Vorverständnis gab. Um einen Überblick
zu den sozialen Kontexten des Ayahuascakonsums in Europa zu bekommen,
wurden zunächst unstrukturierte und offene Beobachtungen als
Feldstudien durchgeführt. Dabei wurden drei verschiedene
Settings untersucht: Santo Daime, (neo)schamanistische (indigene)
Rituale und self-made Rituale. Mit acht Frauen und sieben Männern,
die ein bis hunderte Male Ayahuasca konsumiert hatten, um mit
Ayahuasca psychische, psychosomatische oder primär somatische
Erkrankungen zu behandeln, wurden problemzentrierte
Leitfadeninterviews von durchschnittlich 75 min geführt. Im
Abstand von durchschnittlich neun Monaten wurde ein zweites Interview
geführt. Die vollständig transkribierten Interviews
(Gesamtseitenzahl: 562 Seiten) wurden mithilfe der qualitativen
Inhaltsanalyse ausgewertet.
Ergebnisse: Das
Alter der Studienteilnehmer reichte von 27 bis 61 (Durchschnitt 44,5
Jahre). Viele Befragte wiesen zwar gegenüber der deutschen
Gesamtbevölkerung überdurchschnittliche
Drogenprävalenzraten auf, wobei diese – nach Angabe der
Befragten- durch den Konsum von Ayahuasca nicht gesteigert, sondern
oft vermindert wurden. Drei Personen gaben an, sonst keine oder kaum
Erfahrungen mit psychoaktiven Substanzen außer Ayahuasca zu
haben, wobei Ayahuasca weitestgehend als Medizin oder Sakrament
verstanden wurde.
Ayahuasca-Erfahrungen sind
als transhedonistisch zu bezeichnen, da entgegen einem rein
hedonistischen Gebrauch die meisten Studienteilnehmer sehr bewusst
und reflektiert waren. Dies zeigte sich auch in dem Verständnis
von Ritualen als „Arbeit“. Hiermit wurde hauptsächlich
auf die „innere Arbeit“ an persönlichen Problemen
verwiesen. Neben dem funktionalen Aspekt als „Heilungsritual“
haben Ayahuasca-Rituale oft eine religiöse oder sakralisierende
Ausrichtung.
Die subjektiven
Indikationen wiesen angesichts der geringen Fallzahl eine enorme
Bandbreite auf. Ayahuasca wurde in unspezifischer Weise für
verschiedenste Erkrankungen und Beschwerden, manchmal sogar in
„präventiver Absicht“ eingenommen. Die subjektiven
Wirktheorien waren überwiegend psychosomatisch-psychologisch
orientiert und beinhalteten häufig mystisch-magische Elemente,
was subjektiv nicht im Gegensatz zu medizinisch-pharmakologischen
Wissen stand. Ayahuasca wurde zur körperlichen, psychischen und
seelischen „Reinigung“ genommen, was nach Ansicht der
Studienteilnehmer zu einer subjektiven Verbesserung des
gesundheitlichen Zustands führen soll. Desweiteren könnte
man auf diese Weise die „wahre Ursache“ eines Problems
erkennen, die für die meisten Studienteilnehmer – auch bei
körperlichen Erkrankungen – in einem seelisch-spirituellen
Bereich liegt. Krankheitsursachen wurden weitgehend internal
attribuiert.
Die Effekte der
Selbstbehandlungen auf das gesundheitliche Befinden wurden als
positiv beschrieben, wobei die Auswirkungen weniger in Hinblick auf
das gesundheitliche Befinden nachzuvollziehen waren, sondern eher in
unspezifischen Veränderungen lagen, die positive Auswirkungen
auf die Lebensqualität haben könnten.
Diskussion und
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen die Diversität der
den Ayahuascakonsum begleitenden subjektiven Theorien. Auch lassen
sich verschiedene Typen von Ayahuasca-Usern ableiten. 1/3 der
Studienteilnehmer hatte bereits Kontakt zu Ayahuasca vor Ausbruch der
Erkrankung, 2/3 hatten mehr oder weniger gezielt nach Ayahuasca als
alternative Behandlungsmethode gesucht. Neben Ayahuasca wendeten 80%
der Studienteilnehmer weitere komplementärmedizinische
Behandlungen (Homöopathie, Akupunktur, Bioresonanztherapie,
Diäten, etc.) an. Die Teilnahme an Ayahuasca-Ritualen und der
Konsum von Ayahuasca in einem solchen zeremoniellen Kontext war in
der Sicht der Befragten weder dem gesundheitlichen Befinden oder
Krankenverhalten abträglich, noch schien sie zu einem
unkontrollierten Umgang mit anderen psychoaktiven Substanzen zu
führen.
Informationen zu Ayahuasca..
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