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Trancehaltungen (nach Felicitas Goodman)



Weltweit lassen sich verschiedene Haltungen als Abbildungen auf Zeichnungen, in Form von Bronze- oder Lehmfiguren, als Statuen, etc. finden, die sich in über Jahrhunderte/Jahrtausende in verschiedenen Kulturen stark ähneln, wenn nicht sogar identisch sind. Felicitas D. Goodman erforschte in jahrelanger Arbeit die Erlebniszustände in verschiedenen Trancehaltungen. Goodman war sich bewusst, dass sie die Wirkungsweisen der Haltungen nur durch eigenen Versuch und eigenes Erleben erforschen konnte. So sammelte sie immer wieder eine Gruppe von Leuten um sich (Studenten, Hausfrauen, Ärzte, etc.) mit denen sie gemeinsam die Haltungen erlebt, erforschte und ausprobierte.Durch den Vergleich verschiedener archeologischer Funde, Figuren, Statuen, Bildnisse, die verschiedenen Positionen und Haltungen einnehmen, kam Goodman zu dem Schluss, daß diese Haltungen weltweit in verschiedenen Kulturen zu finden sind und ähnlichen Erlebnissinhalten und Qualitäten zuzuordnen sind. Die Haltungen stammen vorwiegend aus Jäger- und Sammler sowie den frühen Ackerbaukulturen.

Goodman machte ihre erste Erfahrungen mit Trance und Exstase in den Gottesdiensten der Pfingstler. Sie hat die Glossolalie, das "In-Zungen-reden", wissenschaftlich untersucht und stellte dabei unverkennbare Muster bzw. Silbenfolgen fest, die auch in verschiedenen Sprachen (englisch, spanisch) nachweisbar und aufzeichenbar waren. Beeinflusst wurde Goodman von Erika Bourguignons Forschungen (sie arbeitete auch zeitweise als Übersetzerin im Rahmen der Forschungen über die Pfingstler für sie). Bourguignon zeigte, dass veränderte Bewusstseinszustände oder Trance völlig normale Vorgänge sind und gar nicht so aussergewöhnlich sind, wie man diese "aussergewöhnlichen Bewusstseinszustände" gerne tituliert. Weiter ging Bourguignon davon aus, dass die Trance einem sonst eintönigen Ritual die nötige Würze verleiht und in vielen Gesellschaften eine wichtige Insitution für religiöse Feierlichkeiten ist. V. F. Emerson wies durch seine Forschungen über Meditation nach, dass je nach eingenommener Haltung, sich der Herzschlag, das Atmen und auch das Bewegungsvermögen der Eingeweide ändert und dass sich diese Änderungen auch auf der psychologischen Ebene auswirken.

Meistens weisen die Tranceerlebnisse der Pfingster kaum Gemeinsamkeiten auf, wenn man ohne jegliche Vorgaben eine gewisse Weile rasselt oder trommelt. Goodman kam deswegen auf die Idee, dass das gemeinsame, verbindende Element in den Körperhaltungen zu finden sei. In anderen Kulturen oder Gemeinschaften gibt es eine allseits bekannte und verpflichtende Mythologie, die die Teilnehmer an die kulturell geprägten Erlebnisse bindet. Fällt diese Bindung weg, so ergeben sich unterschiedliche Erlebnisse, Visionen, Gefühle, Empfindungen und Interpretationen.

Goodman (1989) ermittelt auf diese Weise etwa 40 unterschiedliche Haltungen, wie z.B. die Haltung des Bärengeistes. Die Haltung des Bärengeistes ist eine Haltung, die mit intensiven heilerischen oder initiatorischen Erlebnissen begeleitet sein soll. Der Kopf wird dabei stark in den Nacken zurückgelegt. Dies führt bei vielen Teilnehmern zu einem Gefühl, dass ein Bär einem den Kopf abreisst, dass man zerstückelt und zerissen wird, danach aber wieder zusammengesetzt wird und sich geheilt fühlt (vgl. Initiations- und Zerstückelungserlebnisse sibirischer Schamanen). Dazu wird etwa 15 min lang schnell (ca. 200-20 Schläge/Minute) gerasselt, wobei dies auch durch Trommeln oder andere Musikinstrumente übernommen werden könnte. Um in den verschiedenen Haltungen eine Trance zu erleben, ist nicht nur die nötige Anregung und Erwartung notwendig, sondern vor allem auch ein ausreichendes Mass an Konzentration. Ohne die Fähigkeit zur Konzentration ist es nicht möglich, in die Tiefen des ekstatischen Tranceerlebens einzutauchen. Demgemäss beginnt Goodman die Trancearbeit mit einer Atemübung (50 mal leichtes Ein- und Ausatmen). Unterstützt kann dieser Prozess noch durch vorangehendes Fasten, denn das Einhalten von Diäten oder Fastenvorschriften zur Erreichung der Trance ist ebenfalls ein weltweit bekanntes Phänomen. Die Symbolik des Bärs in der Funktion des Heilers tritt in verschiedenen Mythologien und ist in den Überlieferungen nach nicht nur auf ein Land beschränkt. Das besondere an den Erlebnissqualitäten der verschiedenen Körperhaltungen ist die religiös motivierte Exstase. Manche Haltungen scheinen auch dem Rufen von Wild (für einen besseren Jagderfolg) zu dienen.

So können diese rituellen Körperhaltungen (vereinfacht) folgenden Schwerpunkten zugeordnet werden:

- Seelenreise
- Initiation
- Tod und Wiedergeburt
- Heilung
- Metamorphose
- Erlebnis anderern Wirklichkeiten
- mystisches Erleben
- Wahrsagung
- Jägerhaltungen


Diese Körperhaltungen schaffen weltweit über verschiedene Kulturen, die Möglichkeit des gemeinsamen Erlebens und des gegenseitigen Verständnisses und bieten eine neue Form der Kommunikation und des Austauschs.


Literatur aus:

Goodman, Felicitas (2000):



Trance, der uralte Weg zum religiösen Erleben.



Goodman, Felicitas (1989):



Wo die Geister auf den Winden reiten.